Viele Hundehalter kennen das Problem. Man geht bei einem schönen Nachmittag so ziemlich nichtsahnend in Wald und Flur spazieren und plötzlich stürmt der Hund davon; schnurstracks einem Hasen, Reh oder Huhn hinterher. Selbst steht man da. Wild gestikulierend, pfeifend oder brüllend, dennoch hilflos und sind erleichtert „puh noch einmal gut gegangen“, wenn der Hund wohlbehalten zurückkommt und das gehetzte Wild unbeschadet flüchten konnte.
Viele fragen sich an dieser Stelle: „Wenn der Hund ja nur „hinterherrennt“ und das nicht weit, und ja nur etwas Spaß hat, warum sollte ich mir weitere Gedanken machen?“- Nun die Gründe sind sehr vielseitig:
Gründe für ein Antijagdtraining
- Der Hund könnte das Wild so sehr beunruhigen, dass es auf eine Straße oder ähnliches flüchten könnte, sich selbst und dritte damit gefährden.
- Im Frühjahr kann es dazu führen, dass Muttertiere ihre Jungen nicht versorgen oder der Hund andere Tiere auf eine potenzielle Beute aufmerksam macht.
Sogar in den Wintermonaten kann eine Hatz fatale Folgen haben. Der Energiehaushalt unserer Wildtiere ist sehr komplex und passt sich im Laufe eines Jahres an die jeweiligen Umstände an. Durch das Aufschrecken des Wildes wird er gestört und kann so unnötiges Leiden verursachen. Hundehaltung hat auch mit Verantwortung zu tun, und diese gilt nicht nur dem Hund, sondern auch der Umwelt und Tierwelt gegenüber.
Die Folge daraus, wir können es erahnen, ist natürlich umzudenken und mit dem Hund gemeinsam daran zu arbeiten. Oder, nicht immer mag es zur Zufriedenheit gelingen, die Konsequenzen daraus ziehen und, den Hund in brisanten Gegenden lieber „online“ auszuführen.
Buchtipp: Antijagdtraining von Ariane Ullrich und Pia Gröning (erhältlich auf Amazon)
An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass es eine wirklich gute Community gibt, wo man diese Themen intensiv besprechen, teils hitzig und kontrovers diskutieren kann, viele Tipps und Ratschläge andere Hundehalter, ob Anfänger oder Erfahren erhält. Sie nennt sich Planet Hund Forum
Mittel für Antijagdtraining
Apropos Mittel. Da gibt es diese schönen „Ultraschall-“ oder „Lautlos“-Hundepfeifen. Nun ich kenne eigentlich keinen, bei dem sie jemals eine richtige Wirkung gezeigt haben. Zumindest nicht im Freien und auf weiterer Distanz. Wenn man aber etwas zur Unterhaltung der Spaziergänger beitragen möchte, ist diese Pfeife ideal für eine Performance als Ampelmännchen mit rotem Kopf und aufgeblähten Wangen.
Ich bevorzuge hier eine einfache holzgeschnitzte Hundepfeife, welche mich jetzt seit über 10 Jahren begleitet. Aber auch die Doppelpfeifen aus Büffelhorn sind für unserenn täglichen „Wahnsinn“ das ideale Kommunikationsmittel. Damit ist auch sichergestellt, dass der Hund die Pfeife auch in Entfernung noch hört.
Der Vorteil einer Pfeife liegt auf der Hand, sie liefert fast stetig einen gleichen Ton, nicht wie unsere Stimme, mit der wir mehr ausdrücken können als uns in diesem Fall lieb sein wird.
Die Pfeife setzten wir ergänzt durch Hand, Arm bis hin zum ganzen Körpereinsatz ein. Hierbei sollten wir auch darauf achten, dass unsere Sichtzeichen für den Hund gut erkennbar sind. Ein schwaches wedeln mit der Hand tritt nicht ausreichend aus den Konturen unseres Körpers hervor. Auch extrem weite Kleidung ist nicht gerade vorteilhaft, weil auch hier das Sichtzeichen nicht deutlich genug aus den Konturen heraussticht. Die Sichtzeichen müssen quasi übertrieben dargestellt werden, nur so kann der Hund sie richtig erlernen und deuten. Später mag es nicht mehr erforderlich sein, aber am Anfang und gerade beim Üben so deutlich wie möglich.
Kommen wir nun zu einem, meines Erachtens, der vielseitigsten Hilfsmittel die uns, wenn überhaupt, nur wenig Kosten wird. Die Rede ist von der Reizangel. Ein langer Stab, Haselnuss, Bambus, Weide oder was auch immer. Eine Kordel und ein leichter Dummy, den wir sicher sowieso irgendwo rumfliegen haben. Es eigenen sich aber auch Federn, ein Stück Fell und zur Not eine Fleischwurst. Wobei das schon sehr gemein ist und die Fleischwurst sicher am Lagerfeuer einen besseren Dienst erfüllen würde.
Nun es gibt mehrere Möglichkeiten mit der Reizangel zu arbeiten, diese hängen von Hund und Rasse ab.
Die eine Möglichkeit ist, solange einen Hund hetzen zu lassen, bis er von sich aus merkt, ich komme nicht an die Beute. Er wird sich eine neue Strategie ausdenken. Das Anpirschen, Fixieren, Warten, Einspringen. Dies ist der Hebel an dem wir nun ansetzen. Wir lernen unseren Hund zu lesen. Wir verlängern die Stehzeiten und beginnen damit auf den Hund einzuwirken.
Eine weitere Möglichkeit ist, dass wir von vornherein ein Hetzen unterbinden. Dies gestaltet sich, zugegebener Maßen, etwas schwierig. Dafür empfiehlt sich der zusätzliche Einsatz eines Anlegepflocks oder eine andere Befestigungsmöglichkeit für eine Leine. Ein helfende Dritte Hand steht ja leider nicht immer zur Verfügung.
Eine Reizangel hilft uns über dies hinaus, auch Übungen zum Sitz oder Platz, durch Reizen zu intensivieren. Ebenfalls kann unsere Reizangel auch helfen, unseren Hund ins Wasser zu bringen. Wir sehen, die Reizangel ist ein Multitalent, vielseitig einsetzbar und kostet eigentlich nicht viel.
Anlegepflock – Was ist das?
Ein Anlegepflock ist ein einfaches Gerät, wobei die Bezeichnung schon übertrieben ist. Wie einen Erdbohrer bohrt man ihn in den Boden. An diesem befindet sich eine Öse zur Befestigung einer Leine. Nun wollen wir unseren Hund nicht einfach nur daran anbinden. Daher benutzen wir eine Feldleine mit dünner oder besser ohne Handschlaufe, damit diese durch die Öse gefädelt werden kann. So können wir die Leine, wie an einer Umlenkrolle handhaben und halten so unseren Hund imGriff. Dadurch können wir auf unseren Hund, auch auf Entfernung,über die Leine gut einwirken. Mit einer zweiten Leine könnten wir ihn bei einigen Übungen auch nach vorne und hinten absichern: sofern erforderlich oder erwünscht. Bitte vergesst nicht eure Hände zu schützen. Einfache Arbeitshandschuhe erfüllen hier vollends ihren Zweck.
Ein kleiner Tipp am Rande. Man kann viel Geld für Feld- oder Schleppleinen ausgeben. Dabei liegen die Leinen quasi in Meterware in jedem Baumarkt herum. Nylonseile in allen möglichen Farben und Stärken, selbst Rollladengurte eigenen sich ebenfalls sehr gut.
Autor: Andreas Cornelius
Teil 2 der Reihe Antijagdtraining: Trainieren der Kontrolle auf der künstlichen Fährte
Bücher und DVDs über Antijagdtraining: