Der oben angeführte Spruch „Wir sind keine Hunde„, wird sehr gerne genutzt, wenn es um Grenzsetzungen durch den Mensch beim Hund geht. Grenzen setzen ja, aber auf keinen Fall mit Mitteln, die hündisches Verhalten nachahmen. Denn wir sind ja keine Hunde. Daher ist, wenn der Mensch seinen Hund zum Beispiel wegdrängt, anrempelt, oder mal beherzt ins Fell greift, dies als Gewalt zu werten. Auch wenn dies Hunde untereinander auch so tun – denn wir sind ja keine Hunde.
Ich werfe einen Blick in mein gemischtes Rudel – pfui, das Wort Rudel darf natürlich auch nicht mehr genutzt werden – also werfen wir einen Blick in meine bunt gemischte Gruppe. Hier tummeln sich zwei Hunde, vier Katzen und vier Ratten. Katzen und Ratten sind auch keine Hunde – also müssen sie bei den Hunden auch anders Grenzen setzen, wie Hunde untereinander. Das machen sie auch, allerdings nur, weil ihnen die Größe zum Rempeln oder wegdrängen fehlt ;)
Wenn man diese verschiedenen Tierarten beobachtet, dann zeigt sich schnell, dass auch Katzen und Ratten Grenzen nicht immer nett setzen. Logisch, es soll dem Gegenüber (Hund) auch klar machen, dass eine Grenze überschritten wurde.
Grenzsetzung zwischen verschiedenen Tierarten
Von allen Tieren geht bei für das Tier schwierigen Situationen vorher eine Warnung voraus. Sei es durch Knurren oder Fauchen bei den Katzen oder durch Piepsen und Drohgebärde durch die Ratten.
Missachtet einer meiner Hunde diese Warnung, gibt es ein kurzes Donnerwetter. Wobei ich hier dazu sagen muss, dass die Mädels diese Strategie gewählt haben. Der Kater zum Beispiel lässt die Situationen meist gar nicht so weit kommen, sondern macht sich lieber aus dem Staub. Die Mädel-Katzen dagegen zeigen, was passiert, wenn ihre Grenzen überschritten werden. Zwei von meinen drei Katzen-Mädels nutzen ihre Pfoten.
Werden die Warnungen missachtet, so handeln sie blitzschnell und der „nervige Hund“ bekommt eine gewatscht. Die Dritte hat für sich eine ganz andere Strategie entwickelt – sie beißt direkt in die Beine ;) Es fließt kein Blut, sondern es sind kurze angemessene Maßregelungen, die von den Hunden verstanden werden. Das eine Rattenmädel, welches mit den Hunden auch interagiert, hat herausgefunden, dass ein kleiner gezielter Biss in die Nase den gewünschten Erfolgt bringt.
Verständigung zwischen Tieren
Wie man sieht, können sich auch verschiedene Tierarten untereinander verständigen. Auch muss der Mensch nicht immer sofort eingreifen, denn nur so lernen sie auch die Kommunikation des anderen kennen. Hier lernt der Hund über eine unangenehme Erfahrung, dass er entweder die Warnungen beherzigt und ernst nimmt, oder es gibt eins auf die Nase. Übrigens passen die Katzen und Ratten auch die Intensität der Maßreglung des Genervtheitsgrades, beziehungsweise der Schwere des Überschreitens an!
Um solche eine Kommunikation zulassen zu können, müssen sich die Tiere untereinander natürlich vertragen. Eine Katze, die keine Hunde mag, würde diesen natürlich sofort die Augen auskratzen – oder der Hund mal eben die Katze platt machen.
Der Mensch als Kommunikationskrüppel?
Warum also nun dem Mensch absprechen, sich auf einer Ebene mit dem Hund „zu unterhalten“, die er sehr wohl versteht. Nämlich Körperlichkeiten, die nichts, aber auch gar nichts mit Gewalt zu tun haben. Hier soll nicht der Rohrstock hervorgeholt und der Hund verprügelt werden!
Die Maßregelung und die Intensität muss der jeweiligen Situation, aber vor allen Dingen, dem Hund angepasst werden.
Ein Hund, der alleine schon von einer aufrechten Körperhaltung beeindruckt ist, den brauche ich nicht wegzudrängen. Ein anderer Hund, dem so ein Verhalten wortwörtlich am Popo vorbeigeht, braucht dafür „härtere“ Maßnahmen. Um einen Aufschrei und Wörter wie Teleimpulsgerät, Würger, Stachler, Discs und so weiter vorweg zu nehmen – davon ist hier nicht die Rede. Wer her etwas Hineininterpretieren möchte, soll dies bitte tun, denn derjenige möchte nicht verstehen, dass Grenzen setzen über Einschränkungen, nichts mit Gewalt zu tun haben.
Körpersprache von Tieren und Menschen
Wenn man Menschen beobachtet, sieht man sehr oft, dass diese untereinander sehr viel mit Körpersprache agieren. Der eine setzt nur kleine Gesten ein – ein „flüstern“. Andere „schreien“ einen regelrecht damit an. Wir setzen täglich bewusst, aber auch unbewusst unseren Körper als Kommunikationsmittel ein. Deshalb wird auch oft im Training mit dem Hund dazu geraten, sich selber mal zu filmen.
Dabei sieht man ganz deutlich, wie wir immer wieder über Körpersprache mit dem Hund reden und wie dieser ganz genau den kleinsten Hinweis versteht oder auch manchmal von den widersprüchlichen Signalen (gesprochenes Wort – ganz andere Körpersprache) irritiert ist.
Hunde sind Meister darin unsere Körpersignale zu empfangen und zu verstehen – außer wir irritieren sie mit zu vielen verschiedenen Informationen. Wenn wir somit ganz bewusst auf unsere Körpersprache achten, dann verstehen uns unsere Hunde auch ohne Stimme, Clicker und Co.
In manchen Situationen ist es natürlich hilfreich, noch zusätzlich die Stimme einzusetzen. Beim Rückruf, wenn der Hund uns gerade den Rücken zudreht, sieht er natürlich nicht, dass ich ihm mit der Körpersprache signalisiere, dass er nun zu mir kommen soll.
Es besteht auch nicht immer die Zeit zu warten, bis der Hund sich einem zuwendet – ein entgegenkommender Hund oder Fahrradfahrer hat dafür kein Verständnis, wenn wir nicht sofort handeln ;)
Wenn die eigene Körpersprache der Stimme widerspricht
Aber gerade beim Rückruf wird es sehr deutlich, wie manch einer dem Hund total gegensätzliche Signale zukommen lässt. Die Stimme ruft „HIER“, unser Körper signalisiert dem Hund aber genau etwas anderes: Bleib doch dort, ich komme eh gleich zu dir!
Oder bei Hundebegegnungen: Wenn der eigene Hund an der Leine zur Wildsau mutiert. Wir versuchen ruhig zu bleiben, flöten dem Hund nette Worte ins Ohr. Aber unser Körper ist gespannt wie ein Flitzebogen, der Puls rast und man bekommt Schnappatmung. Unser Hund reagiert natürlich darauf, ist sofort auf Halbacht und weiß „jetzt kommts Dicke, der Hund da vorne bedeutet Gefahr!“ und mutiert zur Wildsau.
Auch Menschen können lernen über Körpersprache zu kommunizieren
In gewissen Situationen ist es natürlich sehr schwer, seinen eigenen Körper vollkommen unter Kontrolle zu halten. Wir sind nur Menschen und keine Roboter. Aber wenn man mehr auf seine Körpersprache achtet, sie einzusetzen lernt und zu kontrollieren, dann kann ich mit dem Hund sehr gut auf seiner Ebene kommunizieren.
Dafür müssen wir weder dem Hund ins Ohr oder in die Nase beißen oder ihn berammeln – denn unsere Hunde sind keine Kommunikationskrüppel und verstehen uns sehr gut! Somit kann ich non-verbal ganz viel dem Hund vermitteln: Auch Grenzsetzung, ohne dem Hund Gewalt antun zu müssen.
Es lohnt sich auch ein Blick zu unseren Kindern, die per Körpersprache noch sehr gut mit Tieren kommunizieren können!
Der Artikel ist super geschrieben und dem ist eigentlich überhaupt nichts hinzuzufügen.
Das Argument: „Wir sind ja keine Hunde!“ empfinde ich als hochgradig unfair und auch irgendwie arrogant.
Wenn ich nach China fahre, kenne ich die Sprache, die Kultur und die Gegebenheiten da auch nicht. Wenn dort „grüne Ampel“ = „stehen bleiben“ heißt, und ich will rüber, weil ich denke ich darf, und jemand packt mich fest am Arm und reißt mich zurück, dann bin ich sicher erstmal erschrocken. Trotzdem war das nicht gewaltätigt, man wollte mich vor Schaden bewahren.
Eben zur Minute: Unser 10-jähriger kastrierter Harzer Fuchs liegt unter meinem Tisch und will schlafen. Unser 6 Monate alter Papillonrüde will Aufmerksamkeit. Geht hin und schleckt dem Harzer ums Maul. Der brummelt. Der Papillon hört kurz auf, macht aber gleich weiter: „Das meinst du doch nicht ernst.“, der Harzer dreht ein paar mal den Kopf weg, in der Hoffnung, dass ignorieren hilft. Tut es nicht. Er bleckt die Zähne und knurrt. Der Papillon erschrickt sich und läßt sich auf seinen Poppes vor ihm fallen. Man sieht deutlich, dass er nachdenkt. Er entscheidet: „Der hat noch nie mehr gemacht, ich versuchs nochmal.“ ZACK!! Gabs einen körperlichen Verweis. Da wurde auch nicht mehr lange gedroht. Aufstehen, runterdrücken, knurren und ein erschrockener wild fiepender, pubertärer Papillonrüde, der nun erstmal seine Weltansicht neu ordnen muss.
Über zwei Dinge bin ich mir sicher: 1. der wird nie wieder Schritt eins der Drohskala überschreiten. 2. in einer Stunde, wenn der Harzer ausgeschlafen und der Papillon wieder Lust hat, werden die wieder miteinander spielen.
Wir Menschen können zwei Dinge nicht mehr: Konflikte austragen und zwar angemessen und das bedeutet, mein Gegenüber versteht mich. Das ist nämlich fair!!! Und uns hinterher wieder normal verhalten und uns versöhnen… wir schmollen lieber noch ne Runde!
Und Sie haben Recht! Wir sollten Tiere untereinander beobachten und nachahmen, wie sie sich verhalten, wo es möglich ist, damit die Verständigung einfach besser wird. Kinder sind im Umgang mit Hunden noch völlig natürlich. Keks in der Hand, Hund kommt nähr und will den Keks, kurz einen Klaps auf die Schnüss und das Thema is durch und keiner is sauer. Und Tiere sind so viel mehr als Konditionierungsmaschinen. Sie sind sozial, also können und sollten sie sozial kommunizieren und dazu gehört ganz viel Wohlwollen und Liebe, aber auch Grenzen, denn nur so kann sich eine Gruppe oder ein Rudel formen und verstehen, weil man nur so Kompromisse finden kann.
Also, toller Artikel und ja zu mehr sozialer Kommunikation!!
VG
Jenni