Blindenführhunde – Mobilität und Sicherheit im Alltag

Blindenführhunde sind mehr als Helfer – sie geben Sicherheit, Mobilität und Selbstvertrauen. Erfahre, wie sie ausgebildet werden und welche Rechte sie haben.

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Blindenführhund in Deutschland

Stell dir vor, du stehst an einer belebten Kreuzung, hörst die Autos vorbeirauschen und hast keine Möglichkeit, die Ampel zu sehen. Oder du suchst in einem überfüllten Bahnhof den richtigen Ausgang, kannst aber keine Schilder lesen. Genau in solchen Momenten wird ein Blindenführhund zum unsichtbaren Navigationssystem – er stoppt an Bordsteinen, zeigt Treppen an und führt seinen Halter sicher durch Menschenmengen. Aber ein Blindenführhund kann noch viel mehr: Er gibt seinem Menschen ein hohes Maß an Selbstständigkeit, erleichtert soziale Kontakte und ist ein treuer Freund.

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Voraussetzungen für den Erhalt eines Blindenführhundes

In Deutschland können Menschen mit anerkannter Blindheit oder hochgradiger Sehbehinderung einen Blindenführhund beantragen. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen in der Regel die Kosten von etwa 20.000 bis 30.000 Euro für Anschaffung, Ausbildung und Einarbeitung. Zusätzlich wird oft eine monatliche Pauschale für Unterhaltskosten gezahlt.

Welche Hunde eignen sich?

Führhundeschulen arbeiten bevorzugt mit Labradoren, Golden Retrievern oder Labradoodles, da sie besonders intelligent, nervenstark und lernwillig sind. Jagdhunde oder Schutzrassen sind dagegen ungeeignet. Die Hunde werden bereits als Welpen sorgfältig ausgesucht und in Patenfamilien aufgezogen, bevor sie mit etwa 15 Monaten ihre Ausbildung beginnen.

Die Ausbildung zum Blindenführhund

REHA Therapiehund Assistenzhund

Bevor ein Hund seine Ausbildung beginnt, wird seine Gesundheit geprüft. Dabei liegt der Fokus auf Gelenken, Wirbelsäule und rassetypischen Erkrankungen. Zudem durchläuft er einen Wesenstest, um seine Eignung zu bestätigen.

Die Ausbildung dauert acht bis zehn Monate. In dieser Zeit erlernt der Hund über 40 verschiedene Hörzeichen, darunter:

  • „Such Bank“ – Der Hund findet einen Sitzplatz.
  • „Such Zebra“ – Der Hund sucht einen Zebrastreifen.
  • „Treppe“ – Der Hund zeigt Treppen an.
  • „Ampel“ – Der Hund führt zur nächsten Ampel.
  • „Such Eingang“ – Der Hund führt zum nächsten Türportal.

Der Hund lernt, Hindernisse zu umgehen, Bordsteine anzuzeigen und im Notfall intelligenten Ungehorsam zu leisten – etwa, wenn sein Halter eine Straße bei Rot überqueren will. Nach der Ausbildung erfolgt eine Gespannprüfung, bei der Hund und Halter ihr Zusammenspiel unter Beweis stellen müssen.

Rechtliche Aspekte

Blindenführhunde gelten nach § 33 SGB V als medizinische Hilfsmittel. Sie haben das Recht, Geschäfte, Arztpraxen, öffentliche Verkehrsmittel und Restaurants zu betreten. Seit 2021 sind Betreiber solcher Einrichtungen verpflichtet, den Zutritt zu gewähren. Trotzdem kommt es immer wieder zu Fällen, in denen Blindenführhunden der Zugang verweigert wird.

Herausforderungen im Blindenführhundewesen

Trotz ihrer Bedeutung gibt es in Deutschland nur rund 2.000 Blindenführhunde. Das liegt unter anderem an:

  • Fehlendem einheitlichen Berufsbild für Ausbilder: Jeder kann eine Blindenführhundschule gründen, was zu starken Qualitätsunterschieden führt.
  • Aufwendigen Genehmigungsprozessen: Die Bewilligung eines Blindenführhundes kann Jahre dauern.
  • Mangelndem Qualitätsbewusstsein bei den Kostenträgern: Nicht alle Krankenkassen bestehen auf international anerkannte Ausbildungsstandards.
  • Fehlender öffentlicher Aufmerksamkeit: Viele Menschen kennen weder die Bedeutung noch die Rechte von Blindenführhunden.

Vorteile und Herausforderungen für Halter

Assistenzhund Blindenhund

Vorteile:

  • Mehr Mobilität und Unabhängigkeit.
  • Sicheres Navigieren durch den Alltag.
  • Verbesserte soziale Kontakte.

Herausforderungen:

  • Hoher Pflege- und Betreuungsaufwand.
  • Der Hund benötigt Auslauf bei jedem Wetter.
  • Verantwortung für die Gesundheit und das Wohlergehen des Hundes.

Mehr zum Thema: Bewegung als Beschäftigungsmöglichkeit für einen blinden Hund

Wie beantrage ich einen Blindenführhund?

  1. Diagnose: Feststellung der Blindheit oder hochgradigen Sehbehinderung durch einen Augenarzt.
  2. Mobilitätstraining: Absolvierung eines Orientierungs- und Mobilitätstrainings.
  3. Hilfsmittelverordnung: Ausstellung eines Rezeptes für einen Blindenführhund.
  4. Antragstellung: Einreichung bei der Krankenkasse.
  5. Prüfung durch den Kostenträger: Genehmigung und Finanzierung des Hundes.
  6. Auswahl eines geeigneten Hundes und Ausbildung.

Richtiger Umgang mit Blindenführhunden in der Öffentlichkeit

  • Nicht ablenken! Kein Ansprechen, Streicheln oder Füttern.
  • Im Straßenverkehr warten, bis das Gespann sicher die Straße überquert hat.
  • Hunde an die Leine nehmen, um unerwartete Begegnungen zu vermeiden.
  • Nicht nachpfeifen oder locken, da dies den Hund aus der Konzentration bringt.

Mehr zum Thema: Wie Blindenführhunde und ihre Halter unterstützt werden können

Fazit

Blindenführhunde sind unersetzliche Helfer für blinde Menschen, stoßen aber auf zahlreiche Herausforderungen. Um ihre Situation zu verbessern, braucht es mehr öffentliche Sensibilisierung, strengere Qualitätsstandards für die Ausbildung und eine Vereinfachung der Genehmigungsprozesse. Nur so kann sichergestellt werden, dass mehr Menschen, die einen Blindenführhund benötigen, auch tatsächlich Zugang zu einem gut ausgebildeten Hund erhalten.

Links zum Thema:

dbfh.de

fuehrhundschule.de

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