„Ah, du hast neue Deko ins Beet gestellt.“, stellte mein Nachbar fest, als wir uns in unserer gemeinsamen Einfahrt trafen.
„Ja, ein paar Tonkürbisse. Hab ich heute gesehen und musste sie unbedingt haben.“, lächelte ich stolz.
Mein Nachbar, der offensichtlich keine Ahnung von schöner Deko hatte, nickte nur unbeeindruckt und beobachtete mit leicht gerunzelter Stirn wie unsere Hunde durch die Einfahrt tobten.
Bella liebte die Nachbarshündin. Die kleine Lissy war nur zwei Monate jünger als sie und von Anfang an waren sie die besten Freundinnen.
Lissy war ein Border Collie-Schäferhund-Mix, wog nicht mal halb so viel wie Bella und war ein ganzes Stück kleiner. Doch was ihr beim Spielen mit unserem Tanzbären an Kraft fehlte, machte sie mit ihrer Wendigkeit wett. Sie flitzte in rasendem Tempo los und wenn Bella sie gerade eingeholt hatte, sprang sie gegen den Hang, stieß sich ab und flitzte im selben Tempo wieder zurück. Während die Dampflock namens Bella noch wendete, war Lissy schon auf dem Rückweg, deutete einen Angriff an, um Bella zu irritieren und umrundete sie dann dreimal. Schließlich sprang sie Bella von der Seite an, packte sie am Hals und warf sie zu Boden. Immer und immer wieder wurde der Bär vom Kaninchen umgerissen.
Es war wunderbar, die beiden zu beobachten, wie sie sich auspowerten und schließlich gemeinsam auf Erkundungstour durch die Einfahrt gingen. Die schwarzen Nasen auf dem Boden, tapsten sie nebeneinander her, ganz in die Welt der Düfte versunken.
Los ging es bei dem Büschel Unkraut, das sich durch das Pflaster gearbeitet hatte, über Lissys Pippispur, die sie keine 5 Minuten vorher dort hinterlassen hatte, weiter zu dem Fleck, wo vor ein paar Tagen noch eine tote Maus gelegen hatte, die Bella aber, ordentlich wie sie war, beseitigt hatte, vorbei an Frauchens Gartenwerkzeug, bis hin zu einem neuen kleinen Ding. Seltsam war das. Was tat es da, dieses unnütze etwas. Bella warf einen kurzen Seitenblick zu Lissy, die direkt neben ihr stand und das Ding ebenfalls anstarrte.
Sie entschied, dass es besser war, das Teil gleich für sich zu beanspruchen.
Während ich mich mit dem Nachbarn unterhielt, nickte er stumm zu meinem Beet. Noch lächelnd drehte ich mich um und ertappte sie auf frischer Tat:
„Bella! Spuck aus! Spuck den Kürbis aus!“
Als sie ihren Namen hörte, setzte sie sich fröhlich wedelnd in Bewegung: „Guck mal, Frauchen, was ich hab!“, meinte ich ihre Stimme in meinem Kopf zu hören.
„Bella! Aus!“
„Ach, aus?“, fragten ihre Augen und im Zeitlupentempo sah ich den Kürbis fallen.
„Neeeeeeeeeeeeeiiiiiiiiiiiiiiiiiinnnnnnnnnnn!“, schrie ich und sprintete mit der Geschwindigkeit einer Schildkröte los.
Als der Kürbis auf den Boden auftraf, setzte die normale Zeit wieder ein und die Scherben flogen in alle Richtungen davon.
„Nein?“, glotzten mich Bellas Augen an. „Also doch nicht aus?“ und „haps“ war eine Scherbe in ihrem Maul verschwunden.
Ich sprang vor und mit beiden Händen zerrte ich an ihrem Maul herum. Ich bewundere Bella wirklich, für die Kraft, die sie in ihrem Kiefer hat. Genauso gut hätte ich versuchen können, mein Auto mit einer Hand hoch zu heben.
„Sie hat sie noch im Maul.“, quetschte ich zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor, während mein Nachbar und seine Hündin uns verwundert beobachteten.
Bella stand einfach nur da. Es war, als würde sie nicht einmal bemerken, dass ich da war.
Ihre Augen starrten an mir vorbei ins Leere.
„Nun spuck schon AUS!“
Und wie auf Kommando, machte es „gülp“ und die Scherbe war weg.
„Oh.“, sagte mein Nachbar, dessen Hündin brav neben ihm saß.
Ich zog tief Luft ein, stellte mich wieder gerade hin, fasste Bella am Halsband und lächelte meinen Nachbarn an: „Wir mussten heute eh noch zum Tierarzt…Zur Nachuntersuchung. Weil Bella ja gestern so Bauchschmerzen hatte, weil… sie irgendwas undefinierbares gefressen hatte…Also…“
Er lächelte fast schon mitleidig zurück.
Die Scherbe kam auf normalem Weg wieder zum Vorschein und hinterließ zum Glück keine Verletzungen.
Marmor, Stein und Eisen bricht, aber Bellas Magen nicht.
Autorin: Lena