Hunde in versperrten Autos sind besonders in den Sommermonaten traurigerweise ein wiederkehrendes Thema, weil immer wieder Hundehalter nicht an ihre Hunde im Auto denken und diese dann zu oft an Hitzeschlag sterben. Wir möchten weiterhin alle Menschen sensibilisieren, dass sie nicht wegschauen – denn der nächste Sommer kommt bestimmt.
Die meisten Menschen zögern in so einem Fall nicht und befreien das Tier aus dem fremden Auto. Denn hier steht ein Tierleben über der Sachbeschädigung! Wie genau sieht hier aber die rechtliche Seite aus? Dürfen wir den Hund einfach so aus einem fremden Auto befreien, oder droht uns hier eine saftige Strafe? Schlussendlich, kann ich einen Hundehalter anzeigen, der seinen Hund im Sommer im zugesperrten Auto lässt?
Wie Gerichte beurteilen, wenn Autoscheiben eingeschlagen werden um Hunde im Notfall aus verschlossenen Autos zu befreien
Wir haben Mag. Dr. Regina Schedlberger, Rechtsanwältin in Österreich, die häufigsten Fragen zu diesem Thema gestellt (in Deutschland sieht der Fall ähnlich aus).
Planet Hund: Beim Einschlagen von Fahrzeugscheiben handelt es sich ja erst einmal um eine Sachbeschädigung. Wäre das Befreien eines Hundes in so einem Fall ein gerechtfertigter Notstand?
Mag. Dr. Regina Schedlberger: Es ist richtig, dass es sich grundsätzlich um eine Sachbeschädigung handelt, die jedoch bei Vorliegen eines entschuldigenden Notstands straflos wäre. Es hängt bei der eigenmächtigen Befreiung des Tieres daher davon ab, ob tatsächlich eine Notstandssituation gegeben ist. Dies ist aber eine Frage, die für jeden Fall einzeln geprüft werden muss. Diesbezüglich ist zu fragen, ob mit einer baldigen Rückkehr des Besitzers gerechnet werden kann, wie hoch die Temperaturen sind, ob allenfalls Autofenster geöffnet wurden und wie die Verfassung des Tieres ist.
Planet Hund: Wie kann ich mich rechtliche Konform verhalten und dennoch eine schnelle Rettung des Hundes erwirken?
Mag. Dr. Regina Schedlberger: Am Sinnvollsten wäre es sicherlich, den Besitzer des Tieres zu kontaktieren (z.B. ausrufen lassen). Sollte dies nicht möglich sein wäre der nächste Ansprechpartner die Polizei bzw. die Feuerwehr.
Planet Hund: Wenn das Eintreffen zu lange dauert oder ich den Besitzer nicht finden kann, es dem Hund aber sichtlich schlechter geht, sollte ich dann nicht einfach handeln und die Scheibe einschlagen?
Mag. Dr. Regina Schedlberger: Wenn die körperliche Verfassung des Tieres erkennbar so schlecht ist, dass ein weiteres Zuwarten die unmittelbare Gefahr des Todes in sich birgen würde, liegt ein entschuldigender Notstand vor. Hierbei ist aber zu beachten, dass nur ein möglichst geringer Schaden am Fahrzeug eintritt.
Planet Hund: Soll ich, wenn ich z.B. ein Handy dabei habe, eventuell auch Fotos, oder ein Video aufnehmen, als Beweis?
Mag. Dr. Regina Schedlberger: Ich kann jedenfalls empfehlen, die Situation durch Fotos oder Videos zu dokumentieren. Hilfreich ist es auch, sich Zeugen zu suchen, die die Geschehnisse bestätigen können. Das Datum, der Ort, die Uhrzeit, die Automarke, die Farbe und das Kennzeichen des Fahrzeugs sollten Sie aber jedenfalls notieren.
Planet Hund: Sollte ich mich dennoch dazu entschließen einen Hund auf eigene Faust zu befreien, mit welchen möglichen Konsequenzen muss ich rechnen?
Mag. Dr. Regina Schedlberger: Wenn man die Situation völlig falsch einschätzt und in weiterer Folge einen Schaden am Fahrzeug herbeiführt und die Voraussetzung für den entschuldigenden Notstand nicht vorliegen, hat man mit einer Anzeige wegen Sachbeschädigung zu rechnen. Darüberhinaus könnte man vom Fahrzeugbesitzer zum Schadenersatz herangezogen werden.
Planet Hund: Gilt dies auch für den Fall, wenn es sich um einen Kleinkind/Säugling anstatt eines Hundes handelt?
Mag. Dr. Regina Schedlberger: Die österreichische Rechtsordnung erkennt das Wohlergehen eines Tieres als solches grundsätzlich als ein geschütztes Rechtsgut an. Das körperliche Wohlergehen menschlichen Lebens erhält jedoch insbesondere im Strafrecht einen besonderen Schutz. Es kann daher vorkommen, dass die Rettung eines Kleinkinds aus dem Auto in Situationen zulässig ist, in denen bei Tieren noch nicht die Grenze zum entschuldigenden Notstand überschritten haben.
In dieser Hinsicht ist aber auch jeder Einzelfall gesondert zu prüfen.
Planet Hund: Spielt es dabei auch eine Rolle, wie es dem Hund vom Allgemeinzustand her geht (Hund sitzt „nur“ stark hechelnd im Auto, Hund liegt schon ohnmächtig im Auto)?
Mag. Dr. Regina Schedlberger: Es hängt schon davon ab, wie der Zustand des Tieres ist. Grundsätzlich kann gesagt werden, dass je schlechter es dem Hund geht, umso intensivere Rettungsmaßnahmen sind zulässig.
Planet Hund: Kann ich den Besitzer auch wegen Tierquälerei anzeigen?
Mag. Dr. Regina Schedlberger: Der Straftatbestand der Tierquälerei ist im § 222 StGB geregelt. Demnach ist unter anderem jemand mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe zu bestrafen, der einem Tier unnötige Qualen zufügt. Beim Täter muss der Vorsatz darauf gerichtet sein, dem Tier unnötige Qualen zuzufügen. Dies dürfte in der Regel bei Hunden im Auto nicht vorliegen, doch kann zur Sicherheit Anzeige wegen Tierquälerei erstattet werden. Hierfür ist es notwendig, den gesamten Vorfall genau zu dokumentieren.
Planet Hund: Was droht dem Hundehalter (somit dem Verursacher) für eine Strafe, wenn er den Hund im überhitzten Auto zurück lässt und er befreit werden muss? Spielt es hier auch eine Rolle ob der Hund noch am Leben ist, oder durch den Vorfall verstirbt?
Mag. Dr. Regina Schedlberger: Das Verbot der Tierquälerei ist nicht nur im Strafgesetzbuch sondern auch im Tierschutzgesetz enthalten. Wer einem Tier, Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zufügt oder ein Tier tötet ist demnach wegen einer Verwaltungsübertretung von der Behörde mit einer Geldstrafe bis zu € 7.500,00 im Wiederholungsfall bis zu € 15.000,00 zu bestrafen. Auch hier hängt es aber davon ab, ob der Täter vorsätzlich handelt. Entstehen durch die gerechtfertigten Befreiungsaktionen Kosten, so wird der Hundehalter auch dafür einzustehen haben.
Fazit: Hund selbst befreien, wenn Besitzer oder Einsatzorganisationen nicht rechtzeitig eintreffen
Wenn die Situation so dringend ist, dass der Hundebesitzer oder die Polizei / Feuerwehr nicht mehr rechtzeitig eintreffen würden, so darf man den Hund auch selbst befreien. Wichtig ist in dieser Hinsicht, dass einerseits möglichst wenig Schaden am Fahrzeug entsteht und andererseits stehts die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind. Sollte das Aufbrechen / Einschlagen notwendig sein, so dokumentieren sie den Vorfall durch Fotos / Video genau und notieren sie sich Telefonnummern und Adressen der anwesenden Zeugen.
Schließlich gilt es aber noch darauf hinzuweisen, dass die Rettung des Tieres nicht nur im Interesse des Tieres selbst sondern auch im jenem des Tierhalters steht. Um Hitzeschläge bei Tieren aber von Vornherein zu verhindern, müssen sich alle Tierhalter diesem Problem und Ihrer Verantwortung bewusst sein. Anschließend ist jedenfalls die Polizei über den Vorfall zu informieren.
Guten Tag.
Wie ist denn, wenn ich jetzt einen Hund wirklich befreie, und er im Schock aus dem Auto springt und abhaut? Oder mich attackiert, weil er das Auto „verteidigt“?
Mit freundlichen Grüßen
Steiner Martin
Wie ist die Situation wenn ich als Feuerwehrmann solch einen Fall habe (natürlich privat) kann ich dann auch sofort handeln oder sollte ich meine Kollegen bzw die Polizei hinzu ziehen (Polizei würde ich eh alamieren)
Der Artikel ist gut. Es gibt nur einen Fehler.es handelt sich in dieser Situation nicht um den entschuldigenden Notstand (das wäre z.B. wenn man in einer Extremen Situation einen anderen Mensch töten würde um sein eigenes Leben zu retten.)
Bei dieser Situation handelt es sich um den Rechtfertigenden Notstand. Man begeht eine Straftat die gerechtfertigt wird weil das Rechtsgut des unversehrten Hundes höher ist als das der Scheibe.
Freundliche Grüße.