Tierschützer = Menschenhasser?

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Tierschützer - Menschenhasse, Foto: Melanie

Wenn man aktiv im Tierschutz ist, „darf“ man sich immer wieder Vorwürfe anhören. Und ja tatsächlich gibt es sie: Leute, die sich engagiert im Tierschutz einsetzen und nach außen oftmals eher etwas „wunderlich“ wirken. Allein die Tatsache, so viel Zeit und Energie in so etwas wie Tierschutz zu stecken, ist für Außenstehende ja schon verrückt genug.

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Hinzu kommen manchmal etwas sonderliche Verhaltensweisen und leider nicht selten auch ein eher abweisendes Verhalten gegenüber Interessenten. Schnell gelangt man zur Theorie, dass man als Tierschützer mit Menschen nicht umgehen kann und deswegen sein Heil bei  Tieren sucht. Weil man es schafft mit ihnen umgehen und diese Tiere einem die fehlenden sozialen Kompetenzen noch recht gut verzeihen.

Ich habe allerdings eine Gegentheorie: Durch den Tierschutz wird man erst zum Menschenhasser.

„Jetzt fängt das Gejammer wieder an – wir sind wieder die Bösen“, denkt sich jetzt bestimmt so manch augenrollender, genervter Leser. Halt! Ich möchte in kein Gejammer verfallen, aber etwas klar stellen und die Realität eines aktiven Tierschützers zeigen. Diese ist nämlich eine Andere als für Außenstehende. Verstehen kann man dieses Phänomen jedoch erst, wenn man mal den Blickwinkel verändert.

Der aktive Tierschützer

Was macht ein aktiver Tierschützer? Er geht raus, versucht zu helfen wenn jemand Probleme mit seinem Tier hat. Ist Pflegestelle für Tiere, versucht Tiere einzufangen, koordiniert alles und versucht alle Stränge irgendwo zusammen zu halten. Dafür opfert der Tierschützer viel Zeit, fährt mit dem Auto durch die Gegend, investiert Kraft und Nerven und versucht alles was er kann, damit die Hilfe auch ankommt.

Kurz gesagt: Er gibt sich massig Mühe und tut dies rein ehrenamtlich. Nun könnte ich sagen, dass die Leute ja alle so ignorant sind und sich ja keiner richtig um die Tiere kümmert. Das typische abstrakte Gerede was man eben dann gerne zu Ohren bekommt. Dies ist natürlich nicht so. Es sind die vielen Erfahrungen die man im Tierschutz macht, die es einem erschweren den Glauben in die Menschen nicht zu verlieren. Exemplarisch möchte ich von einer Einfangaktion berichten, nach der ich mehr oder weniger innerlich gekocht habe.

Die Odysee – eine Geschichte aus dem wahren Leben

Uns wurde gemeldet, dass an einer Fachhochschule eine Katzenfamilie wohnt, die anscheinend dort ihren Unterschlupf gefunden hat. Das erste was man tut ist hinfahren, sich die Lage anschauen und mit jemanden sprechen der für das Gebäude zuständig ist. Dort erwarteten mich die verschiedensten Leute. Ein netter Pförtner, der zuerst skeptisch war, dass wir die Tiere einfangen wollen. Nachdem ich erklärt habe, dass wir sie lediglich kastrieren möchten und wir sie dann wieder zurück setzen, war er einverstanden.

Nun musste ich noch die Hausmeister überzeugen. Zwei waren es an der Zahl – der Eine stellte sich absolut quer. Er konnte mir zwar kein wirkliches Argument liefern, warum wir dort nicht fangen sollen, aber er blieb stur. Er sagte lediglich, dass bereits seit Jahren die Katze dort wohnt und es immer so in Ordnung war (von dieser Katze ausgehend waren also wieder noch mehr Katzen entstanden – und das bereits seit Jahren…) und es ja lediglich Natur wäre und überhaupt – er möchte das einfach nicht. Zum Glück hatte der andere Hausmeister nichts dagegen und von ihm kam schließlich das „Ok“. Frohen Mutes fuhr ich also wieder weg. Von da ging die Odyssee los.

Katze Pflegestelle
Das Resultat der wilden Vermehrung – hier aber bereits auf einer Pflegestelle.

Wir kamen um die Katzen zu fangen. Da es sich um eine ganze Familie handelte, musste diese am besten zusammen in einer Familienfalle gefangen werden. Die Kleinen gingen zwar hinein, jedoch die Mutter nicht. Wenn wir nur die Kleinen fangen, laufen wir Gefahr, dass die Mutterkatze abhaut und direkt wieder rollig wird. Das Problem ist also nicht behoben. Das Wichtigste ist also, zuerst die Mutterkatze zu fangen. Nach langem Warten ging sie auch in die Falle – jedoch ohne die Kleinen. Wir fingen sie trotzdem ein und vertagten das Fangen der Kleinen auf den nächsten Tag.

Man muss dazu sagen, dass die Kleinen bereits etwas älter waren und auch ohne die Mutter bereits zurechtkamen. Wir ließen Futter da und brachten die Katze zum Tierarzt. Am nächsten Tag fuhren wir wieder hin. Wir wussten ja wo die Kleinen saßen und dass sie recht flott in die Falle gehen würden. Wir wollten grade aufbauen, da kam bereits der berüchtigte Hausmeister um die Ecke. Er sagte sofort wir sollten wieder alles abbauen und gehen. Wir dürften nicht fangen, hätten keine Berechtigung dafür und sollten gefälligst wieder gehen. Überhaupt wäre dies ja eine Baustelle, wo wir nicht hin dürften wegen Sicherheitsvorkehrungen. Klar war da eine Baustelle – NEBEN dem Gebüsch wo die Kleinen saßen. Die Baustelle war in dem Gebäude, welches von normalen Studenten auch betreten werden durfte. Auch das Gebüsch war frei zugänglich und nicht abgesperrt. Jegliche Rede-versuche blockte er rigoros ab.

Wir packten also frustriert wieder ein – wohl wissend dass hier mehrere Jungtiere ohne Mutter saßen. Heimlich versteckten wir noch etwas Futter und fuhren. Am nächsten Tag ging meine Tierschutzkollegin wieder hin. Sie wollte grade aufbauen, da kam eine Pförtnerin raus geschossen und fing an sie wüst zu beschimpfen und legte eine Aggression an den Tag, dass sie richtig Angst bekam. Auch hier war wieder kein vernünftiges Gespräch möglich. Im Gegenteil musste sie noch Angst haben nicht angegriffen zu werden. Warum man sich so verhält? Ich weiß es nicht. Wir tun ja keinem was – wir wollen nur ein paar Tieren helfen. Also fuhr sie wieder.

Es folgten einige Telefonate mit der Verwaltung, in der Hoffnung noch etwas ausrichten zu können – es war aber sehr schwierig jemand Zuständigen ans Telefon zu bekommen, da das Wochenende anstand. Die Mutterkatze mussten wir ja nun bald wieder zurück setzen. Allerdings läuft man dann Gefahr, dass diese die Jungtiere wieder verschleppt und sich ein anderes Plätzchen sucht. Am nächsten Tag versuchte es eine andere Tierschutzkollegin nochmal.

Auch sie traf auf die aggressive Pförtnerin die dies nicht duldete. Die Einfangaktion hätte lediglich eine Stunde gedauert und wir wären weg gewesen. Leider wurde aus dieser eigentlich kurzen Aktion eine äußerst langwierige…

Die Mutterkatze wurde also nun zurück gesetzt. In der Hoffnung dass sie dann dort bleibt, versteckten wir immer regelmäßig Futter. Nachts, im Dunkeln mussten wir hinfahren und heimlich etwas ins Gebüsch stellen, in der Hoffnung, dass uns keine aggressive Person verscheucht und beschimpft.

Nach vielen Telefonaten bekamen wir endlich den zuständigen Verwalter an die Strippe. Dieser war zum Glück äußerst kooperativ – sicherlich auch weil er selbst Katzenhalter war. Er sagte umgehend den zuständigen Personen Bescheid, dass wir diese Einfangaktion durchführen dürfen und auch füttern dürfen. Nun haben auch wir Tierschützer noch ein Leben das aus Studieren, Erwerbsarbeit, Familie, anderweitiger ehrenamtlicher Beschäftigung und so weiter besteht. Sprich, uns fehlte einfach die Zeit uns nochmal für mehrere Stunden dort aufzubauen.

Zum Füttern reichte es jedoch. Also fuhren wir abwechselnd je nach Zeit hin und fütterten die Tiere. Es wäre zu schön gewesen um wahr zu sein, wenn das wenigstens gut geklappt hätte. Leider wurden einige der Futternäpfe geklaut. Ob das Futter ankam wussten wir nicht – zudem hatten wir nun noch einen Verlust an Näpfen zu tragen. Also wieder Verwaltung anrufen und ein reines Futter in das Gebüsch streuen, damit dies wenigstens ankommt. Der Verwalter hat noch einmal mit den Mitarbeitern gesprochen und uns zugesichert dass nun keine Störung mehr erfolgt. In der Zwischenzeit versuchten meine Kolleginnen auch wieder die Tiere zu fangen, die zum Glück nicht abgewandert sind, was sicherlich auch am Futter lag. Dies glückte jedoch nicht. Die Kleinen waren nicht mehr jugendlich neugierig wie am Anfang, sondern wurden zunehmend scheuer.

Wir fütterten also weiter, ohne zu wissen, ob die Tiere nun wirklich noch da sind oder nicht – das Futter war weg, aber ob das die Katzen waren? Vor kurzem konnten wir uns allerdings wieder dort positionieren. Mit diversen Automatikfallen und der Familienfalle ausgestattet, legten wir uns auf die Lauer. Wir bekamen keines der Kleinen – die waren anscheinend nicht da. Aber wir bekamen den vorher noch nie gesehenen Katzenvater! Immerhin etwas und da dieser definitiv bereits zeugungsfähig war, war das sogar noch ein bisschen besser.

Letzten Endes sind wir noch immer nicht mit der Einfangaktion dort fertig. Die Mutterkatze, die ja bereits seit Jahren dort leben sollte, war lediglich 1 ½ Jahre alt (laut Schätzung des Tierarztes). Das heißt, es waren vorher noch andere Katzen da – man kann sich denken dass dies auf eine recht große Population hindeutet. Es hat niemand Bescheid gesagt. Man nahm es hin und fand es ok. Und wenn wir hin kommen, gibt es nur Ärger.

Man wird beschimpft, man wird ignoriert und regelrecht böswillig des Platzes verwiesen. Warum man das tut, kann ich nicht verstehen und es lässt mich zweifeln. Wir hätten innerhalb von 2 Tagen die Mutterkatze und die Kleinen einfach fangen können. Aber stattdessen wurden uns Steine in den Weg gelegt, weswegen die Kleinen immer noch (!) dort sitzen und warten eingefangen zu werden. Wir haben bereits mehrere Wochen damit verbracht diese Tiere zu versorgen und für das Einfangen „vorzubereiten“, wir haben viele Kilometer verfahren und haben viel Energie dafür investiert, dass endlich hinzubekommen.

Warum tut man das? Warum gibt es Menschen die die Kleinen eher elendig verrecken lassen, als uns die Arbeit machen zu lassen die wir können? Wie schaffen es die Menschen dies mit ihrem Gewissen zu vereinbaren? Wie soll man bei solchen Dingen nicht am Menschen zweifeln?

Negative Erlebnisse – auch auf der anderen Seite

Katzen Tierschutz
Zwei kleine Katzenkinder

Und es ist nur EINE Geschichte von vielen. Ich hätte auch schreiben können, wie es ist wenn man 12 Wochen lang kleine Katzenwelpen aufzieht, sie nach besten Wissen und Gewissen versorgt und sozialisiert.
Wie viel Kraft und Energie man rein steckt um die Tiere dann endlich vermitteln zu können und man denkt man hätte eine tolle Familie gefunden. Nur um dann über Umwege zu erfahren, dass die Katzen hinter dem Rücken weiter gegeben worden sind, weil „die ja doch ganz schön anstrengend waren“ und überhaupt: Man wollte  ja in den Urlaub…

Oder wie es ist, wenn man Katzen fangen möchte und Einem ins Gesicht gesagt wird, dass man die Katzen eher vergiftet als sie anzufüttern. Oder wie es ist, wenn man ein Tier wieder zurück bekommt, weil es nach 2 Wochen Durchfall bekommen hat und auch noch mit dem Anwalt gedroht wird, weil man ja kranke Tiere vermitteln würde. Das lässt sich endlos fortsetzen. Je länger man das mitmacht, desto weniger kann man noch Menschen leiden. Es ist schwierig das psychisch unbeschadet zu überstehen. Wir handeln und denken IMMER auch aufgrund unserer Erfahrungen. Und je häufiger diese sind, je mehr man sich rein hängt, je traumatisierender das ist – desto härter wird man nach außen.

Bevor jemand das nächste Mal sagt: „Die Tierschützer sind doch alle blöd. Warum wollen die so viel wissen? Warum sind die oft so komisch und abweisend?“ denkt kurz an diese Geschichten. Versucht euren Mitmenschen die Augen zu öffnen und Verständnis zu wecken. Anstatt zu erzählen wie bekloppt die doch alle sind, wäre eine vernünftige Aufklärung wichtig. Wenn wir helfen wollen und auf Mauern treffen, erleichtert dies weder unsere Arbeit noch unsere Menschensicht. Auch die Leute ,auf die wir angewiesen sind, begegnen uns dann mit einer großen Portion Misstrauen und Missbilligung – ein Teufelskreis. Wir brauchen Offenheit auf beiden Seiten!

Ich versuche weiterhin offen zu sein. Es fällt mir schwerer je öfter ich so etwas erlebe, aber ich versuche es. Und dann gibt es diese Momente, wo ich wieder an das Gute im Menschen glauben kann.

Tierschutz: Die positiven Erlebnisse

Bei den oben geschilderten Fall, bin ich mal wieder füttern gefahren. Ich meldete dies dem Pförtner dort, der zum Glück der Nette vom Anfang war. Freudestrahlend berichtete er mir, dass die Mutter immer noch da ist und die Kleinen ebenfalls. Er sagte wie toll er es fände, dass wir so eine Arbeit leisten und er dies wirklich unterstützenswert findet.

Den Mann haben bereits einige Studenten auf das blaue Ohr der Mutter angesprochen (von der Tätowierung ist das Ohr nach einer Kastration erstmal blau). Als er erzählte, dass dies aufgrund der Kastration sei, waren sie ganz begeistert. Sie waren froh dass sich nun endlich darum gekümmert wird und er war froh dass die Katze da bleiben durfte und nicht mehr den Stress des Werfens hat.

Zu guter Letzt kam er, als wir draußen fütterten, uns noch entgegen, drückte mir eine großzügige Spende in die Hand und bedankte sich noch einmal. Das sind die Momente wo ich weiß, dass es sie noch gibt: Die netten Menschen die genauso helfen wollen wie wir und das Wohl der Tiere im Vordergrund sehen.

Morgen fahre ich wieder hin und werde die Kleinen füttern und hoffentlich diese Woche dann auch noch einfangen können. Drückt uns die Daumen. =)

Eure Nina Dany

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